Liebe ist …
Seine Augen so blau wie das Meer begleiten mich mit jedem Schritt. Ich genieße ihren Blick auf meinem Körper. Seit einigen Woche sind wir zusammen. Tag und Nacht. Er weicht nicht von meiner Seite. Sieht mir abends beim Einschlafen zu und morgens, wenn ich erwache. Ich spüre, dass er bleibt, für immer. Er ist in mir, erfüllt mein Herz, pulsiert durch meine Adern. Niemals wird er mich verlassen, denn ich bin die Eine. Ich bin die, die seinem Leben einen Sinn gibt. Dann stecke ich das Marmeladenglas, gefüllt mit Formaldehyd und seinen Augen in meine Handtasche und gehe zur Arbeit.
Glasklar
Vergeblich wische ich mit dem Lappen über das verschmierte Fensterglas. Die Schlieren wollen einfach nicht verschwinden. Der Schweiß steht mir auf der Stirn. Eine Bewegung auf der anderen Straßenseite erregt meine Aufmerksamkeit. Es ist Lili, die Nachbarstochter, die mir freudig zuwinkt. Mechanisch winke ich zurück. Plötzlich zuckt sie zusammen und verschwindet schnellen Schrittes. Ich halte in der Bewegung inne. »Oh Lili, heute ist nicht dein Tag.« Ich sehe in das leblose Gesicht des Vertreters. »Das ist alles Ihre schuld!« Sein Blut ist überall. Ich wasche meine Hände, ziehe eine Jacke über und gehe schließlich zum Nachbarhaus, denn Zeugen mag niemand.
Heimkehr
Der Blick aus dem Fenster ist ernüchternd. Graue Wolken schweben vorbei und verdunkeln die Stadt. Es wird bald regnen. Wo bleibt mein Mann? Er wollte gleich zurück sein. Sehnsucht kriecht in meinen Körper. Wir waren nie lange voneinander getrennt.
Es klopft. Ein Gesichtsloser betritt das Zimmer.
»Hallo Mama! Wie geht es dir?«
Er lüftet den Mundschutz, aber ich kenne ihn nicht, auch wenn die Ähnlichkeit mit meinem Sohn verblüffend ist. Aber er ist zu alt.
»Sie haben sich in der Tür geirrt. Bitte gehen Sie. Mein Mann kommt gleich zurück.«
Er hält kurz inne. »Papa ist seit acht Jahren tot.«